Ventosa nach Burgos

Bevor ich meine Fortsetztung schreibe erst mal lieben Dank an alle für die Kommentare hier, ich kann sie auf dem Telefon zwar lesen aber leider nicht darauf Antworten. Danke auch für die Nachrichten und guten Wünsche für Unterwegs. Über eine bestimmte Nachricht habe ich besonders gefreut kam sie doch in musikalischer Form daher und frischte meinen immer noch vorhandenen Ohrwurm gleich wieder auf. Vielen lieben Dank dafür ihr seid einfach toll und das meine ich ernst!! So konstant wie mich das Lied jetzt schon begeleitet sollte ich es vielleicht einfach zu meinem Persönlichen Caminolied machen 😉
Nicht wundern wenn jetzt vielleicht zwei oder drei Beiträge hinter einander kommen es ist vielleicht etwas übersichtlicher wenn ich die letzten Tage etwas aufteile.
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Nach einem recht wuseligen Frühstück in der überfüllten kleinen Herbergsküche in Ventosa wurden wir kurz vor sieben von den Herbergsbesitzer mit einem Buen Camino verabschiedet. Bei dunklerem Licht (kleiner Gag am Rande) war es trotzdem kein Problem den Wegweisern zu folgen. Der Morgen war eine ganze Ecke kühler als die Tage davor mit einer dichten Wolkendecke. Zwischendurch war es mal ganz leicht am nieseln aber es nicht wirklich wert deswegen die Regensachen auszupacken. Da der Kaffeeautomat in der Herberge pünktlich zur Frühstückszeit seinen Dienst aufgegeben hatte waren wir alle sehr froh nach über zehn Kilometer die erste Bar zu sehen.
Warum auch immer oder keine Ahnung wieso mir das immer wieder passiert, als ich theoretisch an der Reihe  war den Kaffee zu bestellen wurde ich von anderen an der Theke direkt übersehen und in der Schlange quasi nach hinten geschoben. Egal ich erreichte mein Ziel und der Kaffee war seeeeehr gut!! Mit dem erfolgreich gejagten Kaffee ging es dann mit neuer Energie den nächsten Kilometer bis Azofra entgegen. Dort war es Zeit für Lunch und eine ausgedehntere Mittagspause. Das letzte Stück bis Cirueña zog sich wie dafür einfach nur wie Kaugummi! Alle waren froh das auf den letzten Kilometer, vorbei an Feldern ohne auch nur einem Busch oder Baum, die Sonne sich meist hinter den Wolken versteckte und es um einige Grad kühler als am Vortag war. Nachdem der letzte steile Anstieg geschafft war tauchten vor uns Häuser auf und es war quasi geschafft … dachten wir zumindest! Ein auf dem Kopf hängendes Schild erzählte uns leider was anderes! Die Herberge war am Ortsausgang für uns und somit noch mindestens einen Kilometer entfernt, uff!! Ich glaube das war einer der gefühlt längsten Kilometer der letzten Tage.
In Cirueña angekommen entschieden wir uns für die neu aufgemachte Herberge Victoria. Das war wie bei einer Familie mitwohnen. Im Wohnzimmer gab es um sieben Uhr Abendessen für alle und reichlich! Pasta also Spaghetti mit verschiedenen Soßen und Käse  soviel man wollte und konnte als ersten Gang. Eigentlich bereits satt gab es als zweiten Gang wahlweise Schweinefleisch oder Hühnchen gebraten mit eingelegten Paprika auch wieder soviel wie man wollte. Uff, das Eis zum Nachtisch passte gerade so noch mit rein ;).

Am nächsten Morgen gingder Wecker eine halbe Stunde später als sonst los da es ein kurzer Tag sein sollte. Nach dem Frühstück ging es los und bereits um  kurz nach neun erreichten wir Santo Domingo dort wollten wir in Ruhe die Kathedrale anschauen und dann weiter gehen. Erst war aber ein Barbesuch angesagt um die Zeit zu überbrücken bis das Touristen  Büro aufmacht. Ein neuer Credencial wurde gebraucht da er leider in der Hosentasche zusammen mit dem Reisepass vergessen wurde bevor alles durch die Waschmaschine ging. Der Reisepass hatte es recht gut überstanden aber leider nicht der Credenciale. Mit dem neuen Credencial ging es munter zur Kathedrale und dem ersten Stempel entgegen.
Die Kathedrale war mit angeschlossenem Museum, was schon sehr interessant war. Das wirklich spannende allerdings war der Hühnerkäfig mit lebenden Hühner und einem Gockel in der Kirche. Der Hahn ließ sich leider nicht überreden zu krähen, was dem Pilger Glück bringen soll, so zog es uns weiter zum Glockenturm. Ich weiß ja nicht wie man auf die blöde Idee kommen kann zu den ganzen Kilometer die man läuft auch noch einen Turm mit vielen Treppen hochzusteigen!? Der Ausblick war es aber wie üblich wert und so extrem viele Stufen waren es auch wieder nicht ;). In Grañón angekommen war die kirchliche Herberge absolut nicht zu übersehen. Das uns quasi „nur“ ein Matratzenlager erwartet das wussten wir umso überraschter waren wir über den Wohnzimmer ähnlichen Aufenthaltsraum und es gab wieder eine Gitarre! Ein weiterer Abend mit Musik schien möglich. 🙂  Es wurde mehr eine fröhlicher spätnachmittag in einer Bar und ein ruhiger und schläfriger früher Abend in der Herberge. Die Pilgermesse habe ich quasi verschlafen was keine wirklich gute Idee war, zumindest nicht mit den Kontaktlinsen noch an. Das Abendessen war diesmal mit viel Reiß und echt lecker. Nach dem Essen stand erst eine spannende und auch irgendwie lustige Runde Abwasch an. Mit drei großen Bottichen voll Wasser mit Spüli und vielen fleißigen Händen dauerte es kaum 10 Minuten bis alles Fertig war. Im Anschluss gab es noch eine kurze Mediation in der Kirche bei Kerzenlicht. Das besondere an dieser Donativo Albergue ist, es gibt keinen richtigen Stempel für den Pilgerpass. Dafür aber einen besonderen „Stempel“ nach der Mediation gab es wie eine *knuddelrunde* man sollte sich gegenseitig in den Arm nehmen und einen Buen Camino wünschen. Ein schöner abschluss ehe es es wieder gute Nacht hieß.

Zur Abwechslung gab es wieder mal einen Weckruf mit Musik dafür kam er wieder um sechs Uhr. Mittlerweile hab ich mich daran gewöhnt genauso wie an das typisch spanische Frühstück. Während dem Vormittag kamen kurz hintereinander ein paar kleine Dörfer in kurzen Abständen das Wetter war nicht ganz so einladend das wir irgendwo wirklich eine längere Pause machen wollten. So waren die ersten 16km schnell runtergelaufen.
In Belorado gab es als frühes Mittagessen endlich die heißersehnten Pommes in einer Bar (nicht nur für mich). Etwas mehr als 12km standen uns noch bevor ehe wir Villafranca erreichen sollten. Die Sonne hatte es geschafft und die Wolken fast komplett vertrieben. Nach dem die Sonne draußen war wurde es gleich wieder ordentlich warm, im Gegensatz zu anderen in der Gruppe fand ich es angehnemer in der Sonne zu laufen statt dem Nieselregen am Morgen.
Fast die ganze Strecke heute war wie eine Schotterstrasse mit vielen losen Steinen was es mit der Zeit sehr anstrengend machte darauf zu laufen. Plus den Faktor das man ständig auf seine Füße achten musste um nicht zu stolpern oder gar auf einem der größeren Steine umzuknicken. Ich glaube heute war der erste Tag wo ich so richtig meine Füße gespürt habe teilweise fühlte es sich wie unendlich viele feine Nadelspitzen in den Fußsohlen an. In Villafranca angekommen waren schon sieben Betten in einem achter Zimmer ausgemacht ich war also schon gleich wieder mit eingeplant. Mangels alternativen und fehlender Lust auch nur noch ein paar Meter mehr zu gehen entschieden wir uns alle für das Pilgermenue im angeschlossenen Hotelrestaurant. Wow das war bislang das nobelste Pilgermenue was ich hatte und echt Super mit fast schon zuviel Auswahl. Nach dem Essen fielen wir alle nur noch ins Bett um zu schlafen. 

Wieder mal war es ein sehr wuseliger Start am Morgen da alle Pilger versuchten möglichst früh die anstehenden Steigungen des Tages zu bewältigen. Ein Versuch nach draußen auszuweichen zum Frühstücken erwies als schw***kalt und nicht wirklich als gute Idee. Dafür habe ich glaube ich zum ersten mal so wirklich den Sternenhimmel gesehen. Nach einer Runde Kaffee bestehend aus Kaffeepulver mit heißem Wasser aus der Mikrowelle und Joghurt für jeden ging es los in die kalte Morgenluft. Nach dem ersten Anstieg war allen trotz der immer noch kalten Temperaturen warm und so war ein kurzer stop um der aufgehenden Sonne zuzuschauen ok. Der Rest der ersten Tagesetappe war nach kurzer Zeit tatsächlich so langweilig und einfach zu laufen das ich meinen Mp3 Player auspackte um mich abzulenken. Gute acht oder neun Kilometer ging es auf einem extrem breiten Weg nur noch geradeaus durch Wald und sonst war nichts zu sehen. Auch wenn es unterschiedliche Bäume waren und es mal etwas auf und ab ging wurde es schnell öde. An einem bunten Wegweiser traf ich auf einen Teil der Familie und sie waren heiß auf einen richtigen Kaffee und der Wegweiser sagte nur noch zwei Kilometer bis zum nächsten Ort. Ich wollte mich noch ein paar Minuten ausruhen und suchte mir ein schattiges Plätzchen während sie loszogen. In dem Moment kam ein weißer Kastenwagen angeschossen und parkte quasi vor meiner Nase. Aus dem Kofferraum sprang mir ein Hund entgegen und ein Frau plapperte sofort fröhlich auf mich ein ob ich einen Kaffee wollte. Etwas verdattert sagte ich ja warum nicht und sie wuselte los und packte zwei Tische aus und fing an sie zu bestücken mit jedemenge Obst, Plastikbecher und Kaffekannen. Sie drückte mir einen Kaffee mit Milch in die eine und einen Keks in die andere Hand und als ich fragte was sie an Geld wollte sagte sie nur Donativo und stellte eine Box hin. Cool dachte ich mir, mit etwas Geduld und Glück kommt hier sogar der Kaffe zu einem auch mitten im Nirgendwo und er war echt gut! 🙂  Ich wartete noch auf den Rest der Familie und ob sie auch was wollten. Kurz drauf kamen sie um die Ecke und wir nahmen zusammen die letzten zwei Kilometer in Angriff. In der nächsten Bar kamen wir wieder alle zusammen und wir erzählten von dem Donativo Stand oben im Wald. Der restliche Weg bis Atapuerca verging recht schnell und war meistens Flach und überschaubar. Da wir zu früh waren um in einer der beiden Herbergen einzuchecken folgten wir erst mal dem Wegweiser zur nächsten Bar und gönnten uns ein Bier O:). Nach dem Bier und und dem Entschluss für die Herberge mit der Küche, checkten wir dort ein und machten es uns gemütlich. Abends gab es dann gemeinsames kochen, diesmal war ich an der Reihe mit fleißigen Händen zum schnippeln helfen. Es gab Pasta mit Zucchini und Artischokenherzen, mjam lecker! 

Komisch zu Hause wollte ich so oft schon versuchen zum Sonnenaufgang draußen im Feld oder am See zu sein zum fotografieren und habe es nie geschafft. Ich weiß nicht der wievielte Sonnenaufgang das heute war, aber es war mit einer der schönsten. Das ich mal zum frühaufsteher mutiere und das ohne zu murren, hätte ich nie gedacht! Die Umstellung ging sogar von jetzt auf gleich, ich glaube aber nicht das ich den Rhythmus für zu Hause beibehalten kann 😉
Egal, wir schafften es nicht ganz bis oben zum Pass von Atapuerca. Die Sonne hatte es dann doch etwas eiliger mit dem aufgehen. Wir hatten trotzdem einen guten Blick darauf auf dem Weg nach oben. Auf dem höchsten Punkt angekommen steht ein Holzkreuz und kurz dahinter ist wie ein Labyrinth bzw eine scheinbar endlose Spirale aus Steinen gelegt, was wohl wie ein Gebet sein soll wenn man der Spirale bis zum Ende folgt. Ich hatte nur zugeschaut wie ein paar gefühlt einen extra km in der Spirale liefen.
Das Licht der gerade aufgegangenen Sonne war einfach nur superschön und ich nutzte die Gelegenheit für ein paar Fotos.
In Orbaneja de Riopico machten wir für ein zweites Frühstück halt, bevor wir endlose Kilometer nach Burgos reinlaufen sollten.  
Das erste was wir tatsächlich von Burgos dann kennenlernten war der Flughafen, dessen Zaun wir folgen sollten bis zum ersten Vorort. Dort gab es dann mehrere möglichkeiten um in die Altstadt zu kommen. Wir entschieden uns für den etwas längeren dafür aber schöneren Weg entlang am Fluß mit dem „Nachteil“ das es sich nicht anfühlte als ob man in eine große Stadt reinläuft. An einer Fußgängerbrücke (ich dachte es wäre die aus der Wegbeschreibung) entschied ich mich für den weiteren Weg durch die Stadt zu laufen. Ich wollte nicht an der Altstadt vorbei laufen um dann wieder zurück zu gehen bis zur Herberge. Der Weg durch die Stadt war nicht unbedingt schön aber wenigstens gut Markiert und es waren immer noch gute 2,5 Kilometer bis zur Kathedrale!!! Die Altstadt hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt nicht so … neu? … keine Ahnung wie ich es besser beschreiben kann. An der Herberge angekommen winkten schon bekannte Gesichter von der Bar aus und zeigten mir an wo ich reinmusste zum Check In. Nach Dusche und der obligatorischen Handwäsche machte ich mich auf um die Kathedrale und Burgos anzuschauen. Da das meiste in der Stadt noch geschlossen war bin ich erst in die Kathedrale. Die Kathedrale war der wahnsinn! Mit den ganzen Kapellen rundherum und dem Museum war ich fast zwei Stunden beschäftigt. Im Kreuzgang war auf der einen Seite so ein faszinierendes Lichtspiel von den Buntglasfenster auf dem Boden das ich dort alleine fast 10 Minuten mit Fotos verbracht habe. Der Securitymensch war glaube ich bereits zum dritten mal an mir vorbei gelaufen und hat sich gewundert was ich da anstelle 0:). Nach der Kathedrale hatte ich noch kurz Zeit Postkarten zu besorgen. Über das Abenteuer Briefmarken muss ich glaube ich nichts mehr schreiben, außer ich habe welche bekommen. Um sechs Uhr trudelte dann die Familie ein und sie waren etwas erstaunt das ich schon in der Kathedrale war, wir hätten uns vielleicht besser absprechen sollen. Macht nix ich war in der zwischen Zeit was trinken und im Anschluss bummelten wir noch gemeinsam durch die Stadt und suchten uns ein schönes Plätzchen zum Abendessen. Danach mussten wir uns leider auf unbestimmte Zeit erstmal verabschieden, versprachen uns aber, spätestens in Santiago sehen wir uns wieder. Ich werde sie vermissen diese Woche oder etwas mehr war die bisher schönste Zeit auf dem Camino! 
Mit Erlaubnis ein Bild meiner Adoptivfamilie 🙂

Ein Gedanke zu “Ventosa nach Burgos

  1. Hi Melanie,
    darf ich Dir zweimal Krähen abgeben, ich hatte vier davon.
    Natürlich war ich auch oben auf dem Turm, habe das als Avatar im Forum, zeigt es mir aber leider nicht an.Warst Du auf dem Turm in Granon? Der Sonnenaufgang in Recadillo war der tollste auf dem Camino. Du hast was verpasst, Du hast nicht aus dem Fruchtbarkeits brunnen in San Juan de Ortega getrunken:-( 😦 Bei mir hats geholfen, nach neun Monaten wurde ich Opa..

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